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Monoalphabetische Substitutionschiffren
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Die denkbar einfachste Art der Verschlüsselung eines Textes besteht darin, die einzelnen Zeichen nach einem bestimmten Regelwerk gegen andere Zeichen auszutauschen. Da jedem Buchstaben genau ein anderer Buchstabe zugeordnet wird, hat das Chiffrat stets dieselbe Länge wie der Klartext. Wendet man das Regelwerk rückwärts auf das Chiffrat an, erhält man den Klartext, womit das Verfahren der symmetrischen Kryptographie zugeordnet werden muß.



Atbash

Bereits 600 v. Chr wendete man im Palästina das monoalphabetische Substitutionschiffre Atbash an. Atbash heißt auf unser Alphabet übertragen in etwa "AZ-BY", was direkt als Hinweis auf die Funktionsweise zu verstehen ist. Zur Verschlüsselung eines Klartextes bestimmt man die Position eines Zeichens im Alphabet und ersetzt es durch das Zeichen, das denselben Abstand im Alphabet hat, allerdings von hinten gezählt. Somit wird ein A durch ein Z ersetzt und ein B durch ein Y.

"IT Sicherheit" würde mit Atbash verschlüsselt also folgendermaßen aussehen:
RG Hrxsvisvrg

In der Bibel wird im Buch Jeremia Kapitel 25 Vers 26 und Kapitel 51 Vers 41 so aus dem Namen Babel (=BBL) der Name Scheschach (=SSK)1.



Polybios-Chiffre

Das Polybios-Chiffre2 ordnet das Alphabet in einer Matrix an und ersetzt jedes Zeichen durch seine zwei numerischen Koordinaten. Strenggenommen handelt es sich hierbei nicht um eine monoalphabetische Substitution, da ja jedem Buchstabe genau zwei Ziffern zugeordnet werden. Da diese aber ebenso fix sind, wie ein substituierter Buchstabe, sollte das Verfahren trotzdem als solches verstanden werden.

Polybios war ein griechischer Historiker, der dieses Verfahren bereits 100 v. Chr angewandt haben soll, um Nachrichten optisch über große Strecken zu übermitteln. Dabei sollten die Positionen von Fackeln die Koordinaten des zu übermittelnden Buchstabens darstellen. "IT Sicherheit" im Polybios-Chiffre würde sich folgendermaßen darstellen:
2444 43241323154223152444

Die zugehörige Matrix sieht so aus:


 12345
1ABCDE
2FGHIK
3LMNOP
4QRSTU
5VWXYZ


Das Polybios-Chiffre fand auch noch, kombiniert mit einer Transposition, im ersten Weltkrieg unter dem Namen ADFGX3 Verwendung.



Verschiebechiffre

Das Verschiebechiffre verschiebt ein Zeichen um eine bestimmte Anzahl Stellen im Alphabet. Die Anzahl der Transformationen kann als Schlüssel betrachtet werden. Erfunden und benutzt haben soll dieses Verfahren Julius Caesar4 zur Überbringung geheimer Informationen an seine Streitmächte. Er präferierte dabei den Schlüssel C (also eine Verschiebung um 3 Stellen. Ein A wurde damit zu einem C und ein B zu einem D und ein Z zu einem B).

Auch heute findet dieses Verfahren in Diskussionsforen im Internet noch Anwendung, wenn bestimmte Textpassagen nicht sofort lesbar sein sollen; in etwa Lösungswörter eines Rätsels oder Plots aus diskutierten Werken wie Filme oder Bücher. Die Anzahl der Verschiebungen ist hier 13, was dem Verfahren den Namen ROT13 (sprich: Rotation um 13 Zeichen) einbrachte und den Nebeneffekt hat, daß eine weitere Anwendung des Verfahrens erneut den Klartext ausgibt. Dies hängt damit zusammen, daß unser Alphabet 26 Buchstaben hat. So wird bei der ersten Anwendung aus einem A ein N und bei der zweiten daraus wieder ein A. "IT-Sicherheit" mit ROT13 kodiert ergibt:
VG Fvpureurvg




Sicherheit monoalphabetischer Chiffren

Die monoalphabetischen Substitutionsschriften sind keineswegs als sicher anzusehen. Sie sind vor allem anfällig für Mustererkennungen: gelingt es einem potentiellen Angreifer ein Wort des Chiffrats zu erraten, dann kann er anhand der dort zur Anwendung gekommenen Subsitutionsvorschrift alle anderen Buchstaben im Chiffrat, die im Zielwort genauso vorkommen, ersetzen. Zu findende Wörter wären zum Beispiel typische Floskeln wie "Mit freundlichen Grüßen" oder "Betreff", vor allem aber Wörter mit Doppelbuchstaben oder in der jeweiligen Sprache typische Silben wie "heit", "keit" oder "ung" im Deutschen.

Im 19. Jahrhundert ging der Autor Edgar Allan Poe sogar soweit, daß er seine Leser dazu aufforderte, ihm monoalphabetische Geheimschriften zu schicken. Tatsächlich gelang es ihm auch, sie allesamt zu entschlüsseln. Gemäß seinen theoretischen Arbeiten zur Kryptoanalyse5 lässt sich erahnen, daß er dafür tatsächlich einen lexikalischen und einen semantischen Ansatz benutzte.


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2020-12-17 07:15:11 Marco
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